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R. Kühn

"Der Fisch stinkt vom Kopf"

In den letzten wenigstens zwei Jahren spitzt sich die Versorgung von jungen Familien mit Kita-, Hort- und Grundschulplätzen weiter zu. Wartelisten werden länger, Kitaerzieherinnen sind überlastet, die Klassen sind groß. Das politische Ziel, dass alle Kinder einen entsprechenden Platz bekommen und die Stadt Strausberg (der Seitenhieb sei gestattet) auch mal 10 Kinder aus den Nachbardörfern versorgen kann, wird nicht erfüllt.

In einem Gespräch mit einem sachkundigen Einwohner kam letzten Monat folgende recht sarkastische Frage auf: „Wie kann die Verwaltung davon ausgehen, dass bei einer erfreulich niedrigen Säuglingssterblichkeit in Deutschland von etwa 3 Promille und dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz nicht wenigstens Plätze für 95 % der Neugeborenen geplant werden?“
Zum Glück war die Frage rhetorisch, denn die Antwort bin ich ihm schuldig geblieben.


Wir als eine „recht brave“ Linksfraktion haben uns über die letzten Jahre von der Verwaltung beschwichtigen lassen. Wir haben die richtigen Fragen gestellt und in der Regel Antworten der Kategorie: „Es wird eng, aber es geht noch ganz gut.“ abspeisen lassen.

In dem französischen Sozialdrama „La Haine“ beschreibt der Protagonist die Situation in den Pariser Vorstädten mit dem Verhalten eines Selbstmörders, der vom Dach springt und sich im Fallen immer wieder sagt: „Bis hierher gings doch ganz gut, bis hierher gings doch ganz gut… doch wichtig ist nicht der Fall, sondern die Landung!“
Diese Landung steht auch bei uns bevor. Das (wahrscheinlich) Gute ist, dass in unserer kleinen Bürgerstadt die traditionell französische Variante der Unmutsbekundung, nämlich ein tagelanger Straßenkampf, ausbleibt.


Trotzdem müssen wir dieses Verwaltungsversagen auflösen.
Und dazu sollten wir die Frage stellen, ob das mit der bisherigen Verwaltungsspitze gehen kann? Es ist ja auch eine Mentalitätsfrage. Unsere Bürgermeisterin hat über 20 Jahre die traurige Aufgabe gehabt, die Verwaltung zu verschlanken, Kitas und Schulen zu schließen und zu sparen, wo immer es nur geht; eben zu sagen, was nicht geht. Das hat der Kommune geholfen, halbwegs handlungsfähig zu bleiben.
Mit dem Entwicklungsschub, den die Bundeshauptstadt seit einigen Jahren macht, stellen sich uns jedoch teilweise völlig neue Aufgaben. In den kürzlich veröffentlichten Planungsdokumenten Berlin-Brandenburgs, ist Strausberg als ein „Gestaltungsraum Siedlung“ (<media 61256 - download "Leitet Dateidownload ein">-> Karte</media>) festgelegt. Das heißt, unsere Kommune als Teil einer Metropolenregion sollte deutlich entschlossener beplant werden. Die zögerliche Herangehensweise der letzten Jahre ist Geschichte.


Das sagt erstmal nicht viel, deshalb hier ein paar mögliche Schwerpunkte:


1. Die Verwaltung muss personell wieder so handlungsfähig gemacht werden, dass sie ihren Aufgaben nachkommen kann. Eine Stadt sollte die Fähigkeit haben, ihre eigenen Kitas und Schulen selber zu bauen.


2. Eine aktive Baulandpolitik im Sinne der unteren Einkommensschichten muss gestaltet werden. Strausberg sollte vom Land und Bund Liegenschaften ankaufen und mit konkreten Bebauungsplänen die zukünftigen Eigentümer binden, auch eine relevante Zahl von Sozialwohnungen zu bauen. Im Gegenzug können diese Bauland günstiger bekommen.
In Berlin wird diese Art der Bodenvergabe als „Konzeptausschreibung“ gehandhabt.
Nicht zwingend der Höchstbietende, sondern der mit dem schlüssigsten Konzept bekommt dann den Zuschlag.


3. Bei der Planung der Kita- und Grundschulplätze sollten strukturell Reserven eingeplant werden. Die Höhe dieser Reserve muss diskutiert werden. Andere Kommunen unserer Größe haben das Problem möglicherweise bereits gelöst. Das Rad muss ja nicht neu erfunden werden.


Ob diese Art von Handlung von der aktuellen Spitze umgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten. Gegebenenfalls kann spätestens im Frühjahr 2018 mit der Bürgermeisterwahl die eine oder andere Anpassung vorgenommen werden.