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H. Pocher

Gastbeitrag: Antifaschismus ist dringend geboten

„Nationalistische und menschenfeindliche Positionen gewinnen in Gesellschaft, Politik und Öffentlichkeit zunehmend an Einfluss. Die Wahrnehmung des Nationalsozialismus und das Gedenken an seine Opfer bleiben in dieser Entwicklung nicht unberührt“, weiß die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Sie fragt sich, wie die rechtspopulistischen Einstellungen die Erinnerungskultur in den letzten Jahren verändert haben, wo die Gefahren liegen, was dem entgegenzusetzen ist.

Erinnern wir uns: Sisyphus, der König von Korinth, war damit bestraft worden, einen immer wieder herabrollenden Felsblock den Berg hinaufzuwälzen. Nicht von ungefähr nannte Stephan Hermlin noch zu DDR-Zeiten den Antifaschismus eine Sisyphusarbeit. Aber es macht keinen Sinn, sich einer der Lehren dieses Jahrhunderts zu verweigern: die Tatsache, dass Menschen unter bestimmten politischen, sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen in die Barbarei zurückfallen. In Wirklichkeit sind die rechtsextremistischen Gedanken und Handlungen das fatale Ergebnis der neoliberalen Politik in dieser BRD. Eine Gesellschaft, die ausschließlich auf Konkurrenz setzt, die Menschen aufeinander hetzt, Starke gegen Schwache ausspielt, gebiert nun einmal Ungeheuer. Es gilt, ohne unentwegte Aufklärung, ohne Zivilcourage, ohne Bereitschaft zur Auseinandersetzung rollt der Felsblock abwärts.

Die aktuellen Ereignisse und das Wachsen der AfD gebieten deshalb dringend, den Antifaschismus wieder zu dem zu machen, was er geschichtlich war und ist: Eine Volksbewegung gegen Faschismus. Tatsächlich sollte der Zugang zum Antifaschismus auch in Strausberg nicht an geistiger Enge, Berührungsängsten oder Provinzialismus scheitern, weil viele Antifaschisten selber das Gegenteil vorgelebt haben.                                                                                                                                         Hier nur einige Beispiele:                                                                                                                   Menschlichkeit und Mut unter faschistischer Herrschaft bewies das parteilose Ehepaar Hüpscher aus Strausberg. Reinhold Hüpscher, Vorarbeiter in der hiesigen Munitionsfabrik, brachte den ausländischen Zwangsarbeitern nicht nur Brot und Obst, sondern vermittelte auch Briefe. Frau Hüpscher leitete diese über einen Wehrmachtsangehörigen bis in die Sowjetunion weiter. Nahezu befreundet war sie mit Tatjana Radkowski, eine etwa 25 Jahre alte, hochgebildete Ukrainerin. Ihr half die Solidarität der Familie Hüpscher zu überleben. In ein Buch von Puschkin schrieb sie später eine Widmung: „Dem hochverehrten und lieben Meister der Abteilung C-30 und meinem ersten Freund, den ich in Deutschland begegnet bin und der hier im größten Maße meinen Aufenthalt  in erster Zeit erleichtert hat, Herrn Reinhold Hüpscher, von der weder Gutes noch Böses vergessenden Tatjana Radkowski“.

Ähnlich war auch die Solidarität der Werktätigen im Betrieb des Hauptaktionärs Rittershausen. Zu jener Zeit waren hier ungefähr 100 Arbeitskräfte beschäftigt. Es wurden unter anderen Kartuschenhülsen, Kabelrollen für Feldfernsprecher und Einzelteile für V-2-Waffen hergestellt. In der Zeit des Krieges arbeiteten  u. a. auch 50 Ukrainer, 20 Italiener, Franzosen, Tschechen und Polen zwangsweise in dem Betrieb. Bei kargem Essen und mangelhafter Bekleidung mussten sie schwerste Arbeit leisten. Aber es gab damals auch deutsche Kollegen, die trotz strenger Verbote mal ein Stullenpaket „verloren“. 

Weiterhin erzählt eine alte Einwohnerin: „Auf dem täglichen Weg ins Lager mussten die Zwangsarbeiter an deutschen Wohnungen vorbei. So stand eines Tages für eine junge Mutter, die ihr Kind hier geboren hatte, ein gerauchter Kinderwagen mir Ausstattung im Gebüsch. Auf diese am Rande bewiesene Menschlichkeit sind wir heute noch stolz“, sagte die alte Dame.

Der Kommunist Gerhard Albrecht organisierte mit seiner Gruppe von 60 -70 Zwangsarbeitern, die kurz vor Kriegsende noch weiter nach Westen und in den Tod verschleppt werden sollten. Die Gefangenen versteckten sich in Strausberg Vorstadt im Wald, bis sie einige Tage später von der Roten Armee befreit wurden.

Der Superintendant der evangelischen Kirche in Strausberg, Pfarrer Ungnad, trat offen gegen das faschistische Regime auf. Er sprach auf Versammlungen, forderte eine gerechte Ordnung auf Erden und erklärte trotz drohendem Konzentrationslager, nicht Hitler, sondern Gott zu gehorchen. Im April 1934 zwangen die Faschisten den christlichen Humanisten in den Ruhestand.

Der Sozialdemokrat Georg Kurze hat Strausberg möglicherweise vor einer totalen Zerstörung bewahrt. Die Stadt war im April 1945 zur Verteidigung eingerichtet. Allerdings gab es am 20. April keine Stadtverwaltung mehr. Kurz entschlossen hisste Georg Kurze am Fahnenmast auf dem Rathaus weithin sichtbar die weiße Fahne.

Der Komponist Hugo Diestler, wohnhaft in Strausberg Vorstadt, setzte seinem Leben am 1. November 1942 ein Ende, weil er dem Gestellungsbefehl zum 3. November nicht folgen konnte und wollte.

der Hausherr des evangelischen Seniorenzentrums Dietrich Bonhoeffer, auf dessen Gelände das VVN-Ehrenmal steht, erinnert an den Namenspatron des Hause und seinen bis zum Letzten konsequenten Kampf gegen die Nazibarbarei.

Deshalb ist Antifaschismus aktiver Humanismus! An jedem 2. Sonntag im September treffen sich Strausberger Bürgerinnen und Bürger, um der Antifaschisten ehrend zu gedenken.

Richard von Weizsäcker gab allen Bürgern anlässlich einer antifaschistischen Gedenkveranstaltung auf den Weg: „Die Menschen, an die wir uns heute erinnern, sie können uns mit ihren Gedanken und Zeugnissen, mit ihrem Leben und Tod helfen, uns selbst zu finden.“

Es gilt, den Antifaschismus wieder zu dem zu machen, was er wirklich war, nämlich eine breite Volksbewegung gegen Faschismus, für Frieden, Freiheit, Demokratie und Menschlichkeit.

Heinz Pocher  

 


Gabriele Krone-Schmalz liest aktuelle Texte und diskutiert über Krieg, Vorkrieg, verstellte Wege zu Frieden und Solidarität, die Zerstörung kritischer Streitkultur und über die Tugend, kriegsmüde* zu bleiben und auch in schwierigen Zeiten, sich von „den Eigenen nicht täuschen zu lassen“ (Christa Wolf).

Moderation: Kerstin Kaiser

Der Eintritt ist kostenfrei. Um eine Spende am Ende der Veranstaltung wird gebeten.

Gemeinsame Veranstaltung der Gemeinde Rüdersdorf, des Vereins alternativen denken e.V. Strausberg und des kommunalpolitischen forum Land Brandenburg e.V.

Ankündigung des Kulturhaus Rüdersdorf

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Gedanken über die Welt, in der unsere Nachkommen leben werden

Die Sammlung der Gedanken vom Juni 2018 kann hier heruntergeladen werden. Die Autoren freunen sich wie immer über Feedback und Kommentare


Standpunkte zur sicherheitspolitische Lage (Stand  2017)

Der Diskussionszirkel Friedenspolitik hat ein Standpunktepapier zur internationalen sicherheitspolitischen Lage erstellt, das hier heruntergeladen werden kann. Es wird zu gegebenen Anlässen aktualisiert. Die Autoren freuen sich über Feedback und Kommentare.